Bürgerverein Steinbüchel e.V.
Hans und Uschi Klinkusch leben seit 50 Jahren in Mathildenhof. BILD: RALF KRIEGER
Hans und Uschi Klinkusch leben seit 50 Jahren in Mathildenhof. Bild: Ralf Krieger
50 Jahre Siedlung Mathildenhof :
Zwei Ureinwohner

Von Ana Ostric
Leverkusener Anzeiger Freitag 21. August 2009

 Hans und Uschi Klinkusch waren eine der ersten, die 1959 in eine Mietswohnung in Mathildenhof einzogen. Mit dem "Leverkusener Anzeiger" sprachen die "Ureinwohner" über das Leben in der Siedlung, Vor- und Nachteile.

Steinbüchel - Die junge Frau aus der Großstadt war so gar nicht begeistert. Als sie zum ersten Mal ihr zukünftiges Zuhause besuchte, befand sich die Siedlung noch im Bau. „Feld, Matsch und Schutt hoch drei“, habe sie vorgefunden, erinnert sich Uschi Klinkusch. 1958 war das. Die junge Düsseldorferin hatte kurz zuvor geheiratet und war zu ihrem Mann Hans nach Wiesdorf gezogen. In der Kolonie wohnten sie mit den Schwiegereltern unter einem Dach. Dann kündigte sich Nachwuchs an, eine eigene Wohnung musste her - und das junge Ehepaar wurde in Mathildenhof fündig. Als eine der ersten Mieter bezogen sie eine Wohnung an der Havelstraße.

50 Jahre ist das nun her. „Ein Grund zu feiern“, findet Mathildenhofs „Ureinwohnerin“ Uschi Klinkusch. Die gebürtige Düsseldorferin fühlt sich nach fünf Jahrzehnten heimisch in Leverkusen, pardon: Mathildenhof. „Hier ziehen wir nicht mehr weg“, betont die 69-Jährige und ihr Mann Hans nickt zustimmend. Aus der Havelstraße sind sie nach wenigen Jahren in die Brandenburger Straße umgezogen, haben drei Kinder groß gezogen. Die Vorzüge der ländlich geprägten Wohnlage im Osten der Stadt sind schnell aufgezählt. Von ihrer Wohnung in der dritten Etage können die Klinkuschs den Blick zum einen auf Felder, zum anderen auf allerlei Bäume schweifen lassen.

„Die Luft ist hier gut, ich hab immer gerne auf dem Balkon geschlafen“, erzählt Hans Klinkusch (75). Er hat „beim Bayer“ gearbeitet, war Wechselschichtler, so wie viele seiner Nachbarn auch. „Ein Drittel hat gearbeitet, ein Drittel hat geschlafen und ein Drittel hatte frei“, erinnert er sich. Seiner Frau Uschi ist der ursprüngliche Mietpreis in besonderer Erinnerung geblieben. „148 D-Mark, das war sehr teuer“, erzählt sie. Doch mangels Alternativen wagten sie Umzug nach Mathildenhof. 1058 Wohnungen waren dort geschaffen worden, in Mehrfamilienhäusern mit drei oder vier Geschossen und in zwei Hochhäusern.

„Klein Lhasa“ hieß das Neubaugebiet Mathildenhof anfangs im Volksmund. Wegen der flachen Dächer und der terrassenförmigen Anordnung der Gebäude. Und weil die vielen Bäume vor 50 Jahren neu gepflanzt wurden, konnten die Klinkuschs in der Ferne sogar den Kölner Dom sehen. Inzwischen sind die Bäume so hoch gewachsen, dass der Ausblick eingeschränkt ist. „Aber dafür wird der Lärm fern gehalten“, meint Hans Klinkusch. Der Verkehr an der Brandenburger Straße ist rege, Busse sind unterwegs, Autofahrer suchen nach Parkplätzen. Die seien Mangelware, Garagen auch. Womit wir bei den Nachteilen wären.

„Eine Katastrophe“ nennt Uschi Klinkusch, die Wegeführung rund um die Siedlungshäuser. Um von der Haustür aus zur Straße zu kommen, müssen sie und ihr Mann viele Treppen überwinden, es geht bergauf und bergab. Ärgerlich ist es heute, vor allem für Hans Klinkusch, der nicht mehr so gut zu Fuß ist. Ärgerlich war das früher, als sie ihre Kinder im Kinderwagen zum Spaziergang oder Einkauf schob. Apropos Einkauf: Bäckerei, Supermarkt, Blumenladen und sogar ein Bayer-Kaufhaus gab es einst in Mathildenhof. Inzwischen gebe es nur noch einen Schreibwarenladen, berichtet Uschi Klinkusch, die sich in der katholischen Gemeinde und im Bürgerverein Steinbüchel engagiert.

„Ureinwohner“ wie die Klinkuschs gibt es nach 50 Jahren nur noch wenige. Aber die, die noch in Mathildenhof leben, kommen aus dem Feiern gar nicht mehr raus. „Wir haben hier im Moment einen Boom der Goldhochzeiten“, verrät Uschi Klinkusch, „einer nach dem anderen feiert, das geht immer weiter.“ Heute Abend feiern sich die Mathildenhofer aber erst einmal selbst.

Der Chor der Mathildenhofer Ureinwohner am Abend des 23. August 2009 beim Fest im Park. Bild: Reiner Mittmann
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